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die Geschichte des Sulzbacher Tangentenflügels Die Orgel- und Instrumentenmacher Spath und Schmahl zu Regensburg

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Die Mechanik des Tangentenflügels


Regensburg und die Erfindung des Tangentenflügels
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"Schmahl und Spath in Regensburg haben seit einigen Jahren eine von ihnen erfundene Flügelart in alle 4 Weltteile verbreitet, welche den Namen Tangentenflügel führt. Sie ist ein Mittelding zwischen Fortepiano und bekieltem Flügel und wird von denjenigen zum täglichen Gebrauche nicht ohne Grund gewählt, welchen es an Zeit gebricht, einen bekielten Flügel immer in guten Stande zu halten, oder an Geld, ihn durch einen Instrumentenmacher darin erhalten zu lassen..."
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1791, musikalische Korrespondenz der

 deutschen Filharmonischen Gesellschaft
für das Jahr 1791 No 2/10

erste bekannte Erwähnung des Wortes „ Tangenten-Flügel“ 
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Tangenten und Tangentenflügel
Die Erfindung des Tangentenflügel in der Regensburger Werkstatt von Franz Jakob Spath und Christoph Friedrich Schmahl kann als gesichert betrachtet werden. Immer wieder geäußerte Zweifel an der erfolgreichen Regensburger Urheberschaft führen gerne den Begriff "Tangente" in früheren Quellen an, was etwa so überzeugend ist, wie mit dem Begriff "Hammer" die Existenz von Hammerflügeln belegen zu wollen. Der Begriff "Tangente" wurde vor und nach Spath & Schmahls  Erfindung willkürlich in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet, so etwa für auch für Cembalo- Springer und Hammerklavier- Hämmer und Dämpfer. Die Begriffsverwirrung hält sich z. T. bis ins 19. Jh. und sorgt auch heute noch für interessante Thesen bei einigen Instrumentenkundlern, gerne auch mit Hinweis auf Gerbers Lexikon von 1813:

"Spath (Franz, Jakob) – Orgel und Instrumentmacher zu Regensburg, von dem schon im a. Lex. unter dem Artikel Spath einiges gemeldet worden ist, überreichte schon 1751 dem Churfürsten zu Bonn einen Tangent-Flügel mit 30 Veränderungen, und hatte durch seinen Fleiß dies Instrument im Jahre 1770 bis zu 50 Veränderungen gebracht. Von seinen Orgelwerken kann ich nur das einzige in der Dreyfaltigkeitskirche zu Regensburg, von 29 Stimmen mit 4 Bälgen, nahmhaft machen, welches er schon 1758 erbaut hat. eine Anzeige von seinem Instrumente findet man in Hillers Nachrichten.B.IV.S.142 Er starb ums Jahr 1796"

Ernst Ludwig Gerber:
Historisch-Biografisches Lexicon der Tonkünstler, Leipzig 1813/14, IV, 538

Michael Latcham etwa, nimmt die Begriffsverwirrung des alten Gerber zum Aufhänger für seine These, dass Tangentenflügel bereits Mitte des 18 Jh. gebräuchlich waren. (siehe Michael Latcham: „Franz Jakob Spath and the Tangentenflügel“ Galpin, May 2004, S. 161), dabei liegt nahe, dass Gerber lediglich bei seinem Kollegen Jacob Adlung frei abgeschrieben hat, der bereits 1758 in seiner Anleitung zu der musicalischen Gelahrtheit (Erfurt: J.D. Jungnicol, 1758) Seite 576-577,  jenes Instrument für den Bonner Churfürsten schlicht  als "Clavier mit 30 Veränderungen ...forte, piano, pianissime, ein Echo, Harfe, Laute, Pandaleon und ordentliche Flaute Traver" bezeichnet.

Tatsächlich gibt es bisher keinen einzigen halbwegs überzeugenden Hinweis auf die Existenz von Tangentenflügeln in der bekannten Form vor den 1780er Jahren, womit auch bis auf weiteres geklärt sein sollte, das Mozart in seinen Briefen von 1777 keinen Tangentenflügel gemeint haben kann, sondern eben die frühen Hammerflügel der "spättischen" Werkstatt entsprechend dem des National Musik Museum, Vermillion, NMM 13010.

Wer in der Erfinder-Frage weiter auf Tangenten - Suche ist, wird sicherlich noch verschiedene Quellen und Skizzen finden, die tangentenmechanische- Übereinstimmungen zeigen, angefangen bei Arnold von Zwolle bis hin zu Chr. Gottlieb Schröter.

Die Orgel- und Instrumentenbauer Spath & Schmahl zu Regensburg

Die Leistung von Franz Jacob Spath und Christoph Friedrich Schmahl besteht jedoch nicht in der erstmaligen Anwendung einer Mechanik- mit Tangenten, sondern in deren genialen, wirkungsvollen und belastungsfähigen Umsetzung! Die Mechanik ist in ihrer konkreten Form so ausgereift und gewissermaßen "unverbesserbar" dass der Begriff "Tangentenflügel" als Gattungsnahme für eine eigene Instrumentenform mit Spath und Schmahls Erfindung wie ein Stern auf ... und nach etwa 15 Jahren ebenso schnell wieder untergeht (was wohl der um1800 rasanten Klavierentwicklung geschuldet ist) . In diesem Sinne ist die Erfindung des Regensburger Tangentenflügels eine einzigartige Leistung in der Geschichte des Instrumentenbaus.
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Die Regensburger Orgelbauer Franz Jacob Spath und Christoph Friedrich Schmahl, und die Erfindung des Tangentenflügels
"Der Orgelbauer" Kupferstich von Johann Sebald Leitner nach Ambrosius Gabler, Nürnberg um 1790- dem Erbauungsjahr des Sulzbacher Tangentenflügels. In der Werkstatt des Orgelbauers ist neben diversen Werkzeugen und Orgelteilen, eine Gießlade und neben der Orgel im Hintergrund auch ein Tasteninstrument zu erkennen. Zahlreiche deutsche Orgelbauer entwarfen und bauten auch unterschiedliche besaitete Tasteninstrumente, darunter Clavichorde und Hammerklaviere. Die grassierende Klavier -Lust des späten 18. Jh erschloss dem traditionellen Orgelbau damit eine breite bürgerliche Geschäftsgrundlage. Aber auch die, in der Folge der Revolutionskriege erfolgte  Enteignung Kirchlicher Güter, zwang wohl viele Orgelbauer, sich verstärkt um bürgerliche Kundschaft zu bemühen.
die Signatur des Spath- Hammerflügels in Vermillion/USA
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und was sagt die Konkurrenz dazu?

Gottfried Silbermann über Franz Jakob Spath:

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„Dieser Künstler macht von seiner Clavessin-Arbeit [...] erschröcklichen Wind. Ein Herr von Waldburg, der 1777. bey uns war, hat seine Instrumenten gesehen und will nichts rühmliches sagen.“
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Die Erfindung des Tangentenflügels fällt, den bekannten Zeugnissen entsprechend, auf die erste Hälfe der 1780er Jahre. Zu dieser Zeit war der weithin berühmte Instrumentenbauer Franz Jakob Spath (1714–1786) bereits an die 70 Jahre alt, so dass wir davon ausgehen können, dass es wohl maßgeblich Spath’s Schwiegersohn  Christoph Friedrich Schmahl war, der den  Tangentenflügel entwickelte und baute.   Der aus Heilbronn stammende Orgelbauer Christoph Friedrich Schmahl (1739–1814) heiratete 1772 Spaths Tochter Anna Felicitas und trat bald danach unter dem Namen „Spath und Schmahl“ als Teilhaber auf.

Die Orgelbauer-Werkstatt Spath ist seit dem 17. Jh. in Regensburg nachweisbar. Neben verschiedenen Orgeln sind zwei sehr frühe Hammerklaviere von Franz Jakob Spath erhalten, eines im National Music Museum der University of South Dakota in Vermillion/ USA und ein weiteres, jüngst aufgetauchtes Instrument welches derzeit im Greifenberginstitut für Musikinstrumentenkunde steht.

Der Spath-Flügel im Music-Museum der University of South-Dakota
In der Anlage und Struktur stehen alle erhaltenen Hammer- und Tangentenflügel der Regensburger Werkstatt in einer sehr dichten Kontinuität, das heißt, dass wesentliche Merkmale der Konstruktion und in der äußeren Erscheinung der Instrumente übereinstimmen .
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Christoph Friedrich Schmahl in Regensburg

1774 findet die Firma des Schwiegervaters Franz Jakob Spath erstmals unter dem Namen „Späth und Schmahl“ Erwähnung.

1784
kaufte das Ehepaar Schmahl von den Stadthafnersleuten Eichinger für 2600 rheinische Gulden die Hafnerbehausung nebst Hofstatt und Garten „Unter den Schiltern am Eck“ neben dem Haus von Späth in der Wildwercherwacht


Schmahl erhält das ehrenvolle Amt eines Hansgerichtsassessors; er war also in Angelegenheiten der Handelsgerichtsbarkeit am Ort tätig

1786 stibt der Schwiegervater Franz Jacob Späth und die Ehefrau Anna Felicitas


Chr. Fr. Schmahl führt die Firma bis 1802 allein weiter bis er im Alter von 63 Jahre seinen älteren Sohn Jacob Friedrich Schmahl (1777–1819) zur Arbeitsentlastung ins Geschäft aufnimmt; dieser heiratete Susanne Christine Bernhardine Säger (1774–1847) aus Heilbronn, die vermutlich aus der Späth-Familie stammte und ihm 1809 die Tochter Elisabetha gebar.


1812 bat der jüngere Sohn Christian Carl Schmahl (1782–1815) bei der Stadt um Aufnahme als Bürger sowie als Orgel- und Instrumentenmacher, um anstelle seines greisen Vaters das Geschäft mit seinem Bruder fortführen zu können. Einen gewöhnlichen Lehrbrief könne er nicht vorweisen, er habe aber ein Adventitiengut von 2169 Gulden aus der Erbschaft von seiner Mutter und den Großeltern; der Vater sei wohl imstande, sich und den Rest der Familie von seinen eigenen Grundstücken und dem übrigen Vermögen zu ernähren und wäre geneigt, ihm ein Holz- und Werkzeugsortiment für die Ausübung des Geschäfts zu überlassen. Das Gesuch wurde von der Polizeidirektion im Sinne folgender Erwägung angenommen: „Die Musikinstrumente von Schmahl sind die berühmtesten und der Staat kann auf den [5/6] Besitz solcher Künstler stolz sein.“ Nach dem Tod des Vaters wurde die Firma unter dem Namen „Schmahls Söhne“ oder „Gebrüder Schmahl“ bis 1815 weitergeführt, als der jüngere der Brüder unverheiratet verstarb und der ältere das einstmals blühende Geschäft aufgab. Im Dezember des gleichen Jahres kaufte dieser die Brauerei des Georg Adam Haller und führte sie mit Genehmigung, obwohl des
Brauwesens nicht kundig, bis zu seinem Tod.



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Das Tangentenflügel-Festival des Claviersalons in Kooperation mit der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Frankfurt am 25. November 2012
nähere Informationen






am 25. November wird die Restaurierung sowie die Technik und Geschichte des Tangentenflügels beim ersten Tangentenflügelfestival in Frankfurt vorgestellt,

mit dabei Bill Jurgenson 
und Georg Ott - der Restaurator
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eine Veranstaltung des Claviersalons in Kooperation mit der Hochschule für  Musik und darstellende Kunst Frankfurt


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© georg ott für claviersammlung.de und tangentenfluegel.de 2012