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Die Geschichte des Sulzbacher Tangentenflügels ...
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Die Orgel- und Instrumentenmacher Spath und Schmahl zu Regensburg

Die Mechanik des Tangentenflügels Die Restaurierung des Sulzbacher Tangentenflügels
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Christine Schornsheim am Tangentenflügel und die Akademie für Alte Musik Berlin unter Marcus Creed
Der Sulzbache Tangentenflügel live: Das grandiose Konzert von Christine Schornsheim am Tangentenflügel und der Akademie für Alte Musik Berlin unter Marcus Creed wird auf BR-Klassik am 21. Juni um 10.05 Uhr gesendet.         zur Restaurierungsdokumentation
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Die Signierung des Sulzbacher Tangentenflügels auf dem Resonanzboden

Die Signierung auf dem Resonanzboden des Sulzbacher Tangentenflügels:
Christ. Friedrich Schmahl Regensburg 1790
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Der Tangentenflügel, signiert Christ. Friedrich Schmahl, Regensburg 1790
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.Der Sulzbacher Tangentenflügel
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Der Sulzbacher Tangentenflügel- geschlossen

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Der  Sulzbacher Tangentenflügel, erbaut in Regensburg 1790

Der Begriff „Tangentenflügel“ wird heutzutage selbst bei „historisch informierten“ Musikfreunden eher Rätselraten auslösen. Am Ende des 18. Jahrhunderts dagegen war der Tangentenflügel ein gut eingeführtes und weit verbreitetes Instrument, sozusagen die „Hausmarke“ der Regensburger Instrumentenbauer Franz Jakob Spath und Christoph Friedrich Schmahl.

Die Besonderheit des Tangentenflügels besteht darin, dass durch Tastendruck nicht etwa wie beim Klavier, Hämmerchen, sondern Holzstäbchen - die Tangenten - gegen die Saiten geschleudert werden. Der so entstehende Ton hat etwas berührend Schönes, ähnlich dem Klang einer Harfe oder Gitarre, bekommt aber je nach Anschlag auch perkussiven Charakter und eröffnet damit ein wunderbares Ausdrucksspektrum, das noch durch zahlreiche eingebaute Klangeffekte vervielfacht wird. Diese Klangveränderungen werden durch verschiedene Tuche, Leder oder Fransenleisten über Kniehebel und Handzüge gesteuert.

Der Zustand des Dachbodenfundes war durch Witterungseinflüsse stark in Mitleidenschaft gezogen. Zahlreiche Risse, Dreck und Deformationen prägten das Bild. Für Musikwissenschaftler, Instrumentenkundler und Restauratoren ist es jedoch gerade diese Form der Überlieferung, die dieses Instrument zu einem der international bedeutendsten Funde der letzten Jahrzehnte macht, denn es offenbart ein Maß an Originalität, das weltweit einzigartig ist. Dieses Instrument ist im Gegensatz zu anderen erhaltenen Instrumenten niemals nachträglich überarbeitet worden und ist damit ein singuläres Zeugnis des süddeutschen Musikinstrumentenbaus im 18. Jh.

Knapp 20  Tangentenflügel der Regensburger Werkstatt sind erhalten geblieben, überwiegend in den weltweit bedeutenden Musikinstrumenten- Sammlungen zum Beispiel:  Shrine to Music/ Vermillion/ USA ,  GNM/ Nürnberg, Technisches Museum/ Wien,  Gemeentemuseum/ Den Haag,  Erbaut zwischen 1787 und 1803, viele sind jedoch stark überarbeitet oder nicht mehr spielbar.

Die Erfindung des Tangentenflügels fällt, den bekannten Zeugnissen entsprechend, auf die erste Hälfe der 1780er Jahre. Zu dieser Zeit war der weithin berühmte Instrumentenbauer Franz Jakob Spath bereits an die 70 Jahre alt, so dass wir davon ausgehen können, dass es wohl maßgeblich Spath’s Schwiegersohn  Christoph Friedrich Schmahl war, der den  Tangentenflügel entwickelte und in die noch heute bekannte Form brachte.  Der aus Heilbronn stammende Orgelbauer Schmahl (1739–1814) heiratete 1772 Spaths Tochter Anna Felicitas und trat bald danach unter dem Namen „Spath und Schmahl“ als Teilhaber auf.

Mozarts Verbindung zu der Regensburger Instrumentenwerkstatt Spath und Schmahl ist durch seinen Brief vom 17. Oktober 1777 dokumentiert , darin heißt es: „Ehe ich noch vom Stein (ein Augsburger Instrumentenbauer) seiner Arbeit etwas gesehen habe, waren mir die spättischen Claviere die Liebsten“. Dementsprechend können wir davon ausgehen, dass Mozart seine frühen Klavierwerke gerne auf Instrumenten der Regensburger Instrumentenbauer spielte.

Die Restaurierung und Spielbarmachung des Tangentenflügels erfolgte in den letzten Monaten in der Werkstatt des Musikinstumentenrestaurators Georg Ott. Dabei stand zunächst die Konservierung und Erhaltung der wertvollen Originalsubstanz im Vordergrund.  Da Material und Mechanik nun in einem so guten, stabilen Zustand sind, ist eine behutsame Nutzung des Tangentenflügels als Klang- Dokument und Konzert- Instrument vertretbar und ohne Verlust an Originalsubstanz möglich.


Wir sind glücklich und dankbar, diese einzigartige Instrument von der Eigentümerfamilie König als Leihgabe für die Führungen, Konzerte und Audio- Aufnahmen des Claviersalons Miltenberg nutzen zu dürfen.
Georg Ott/ Claviersalon Miltenberg




..Der Tangentenflügel in Konzerten und Audioproduktionen

einige Konzerttermine
mit dem historischen Tangentenflügel

Sonntag, 14.4.2013, 20:00 Uhr/
Konzerthaus Berlin, Gendarmenmarkt/  Berlin 

Christine Schornsheim am Hinlle-Pracht-Hammerflügel, Wien um 1810, restauriert von Georg Ott
Christine Schornsheim
am historischen Hinlle Hammerflügel & am historischen Tangentenflügel, Schmahl/ Regensburg 1790
mit der Akademie für alte Musik unter Marcus Creed

Freitag, 19.4.2013, 20:00 Uhr/
Prinzregententheater
/ Prinzregentenplatz 12/ München 
Christine Schornsheim am Tangentenfluegel mit Akamus unter Marcus Creed
Christine Schornsheim
am historischen Hinlle Hammerflügel & am historischen Tangentenflügel, Schmahl/ Regensburg 1790
mit der Akademie für alte Musik unter Marcus Creed

Sonntag, 16. Juni 2013/ 18.00 Uhr/ Konzert
Musikfestspiele Potsdam, Sanssouci
Palmensaal Neuer Garten:  
"
NIE GEHÖRT!?"
Clavierentdeckungen zwischen Berlin und Kopenhagen
Christine Schornsheim
am historischen Hinlle Hammerflügel, Wien un 1810 & am historischen Tangentenflügel, Schmahl/ Regensburg 1790

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CHRISTOPH HAMMER  -
SPIELTE EIN GRANDIOSES KONZERT AUF DEM TANGENTENFLÜGEL
Christoph Hammer - Tangentenflügel - Konzert am 17. 3. 17Uhr in der Mildenburg zu Miltenberg
"Wer seit langem den perfekten, runden Klavierton unserer Tage im Ohr hat, kann ahnen, wie weit dieser Klang von den Kammerkonzerten des 18.Jahrhunderts entfernt ist, und bekommt eine leise Ahnung davon, wie Haydn oder Mozart damals tatsächlich geklungen haben mögen: Das ganz große Verdienst historischer Aufführungspraxis, zu der der Miltenberger „Claviersalon“ einen sehr wichtigen Beitrag leistet..."


Chrsitoph Hammer am historischen Fortepiano im Claviersalon Konzert auf der Mildenburg zu Miltenberg
"So ganz nebenbei konnten die Besucher am Sonntag noch ganz kurzweilige und informative Instrumentenkunde genießen, konnten sehen und hören, wie der ganz besondere Klang des Tangentenflügels zwischen Cembalo- und Hammerklavier-„Sound“ entsteht..."





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DIE AKTUELLE KONZERTKRITIK VON HEINZ LINDUSCHKA:
Silvia Ackermann und Georg Ott hatten nicht zuviel versprochen: Die knapp 50 Musikfreunde, die sich trotz Regenschauern, Kälte und Eisresten auf den Treppenstufen am späten Sonntagnachmittag auf den Weg in den Rittersaal der Mildenburg gemacht hatten, wurden durch ein zweistündiges Konzert der Extraklasse für alle Anstrengungen reichlich entschädigt. Christoph Hammer, Dirigent, Musikwissenschaftler, Pianist und international renommierter Spezialist für historische Aufführungspraxis bewies einmal mehr, was ein echter Könner aus dem Tangentenflügel von 1790 aus der Werkstätte der Regensburger Klavierbauer „Speth & Schmahl“ herausholen kann. Dass dieses Instrument als vermutlich einziges unter den weltweit rund 20 noch vorhandenen Exemplaren den Originalzustand bewahrt hat und von Ott eher perfekt konserviert als restauriert worden ist, rundete dieses neue Konzert als Kunstgenuss für Musikkenner ab und machte einmal mehr klar, welch ein Glücksfall für  Miltenberg der „Claviersalon“ von Silvia Ackermann und Georg Ott ist.

Sensible Zuhörer durften sich um gut 200 Jahre in der Zeit zurückversetzt fühlen, saßen also in einem adligen oder bürgerlichen Salon der Empfindsamkeit und genossen die intimen, facettenreichen und differenzierten Kompositionen vom Ende des 18.Jahrhhunderts. Hammer hatte die Stücke so ausgewählt, dass die Klangschönheit des Tangentenflügels perfekt zu Geltung kam. Dass die Sonaten so ganz nebenbei mit ihrer eleganten Lockerheit, mit ihren zarten  Klangfarben  den Frühling in den Rittersaal zauberten, dem grauen Himmel vor den Fenstern unzählige bunte Klangblüten, verspieltes Lachen, fröhliche Unbeschwertheit entgegensetzten, bewies ein Blick in die glücklichen, manchmal entrückten Gesichter der Zuhörer - allesamt wohl Kenner und Bewunderer differenzierter Kammermusik.

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Doch selbst die dürften erstaunt gewesen sein, wie elegant Christoph Hammer sich auf den zierlichen Tasten des Tangentenflügel bewegte, wie souverän und scheinbar anstrengungslos er den Kniehebel des Instruments bediente und damit den ganzen Farbenreichtum des Flügels zur Geltung brachte. Es war eine Leichtigkeit jenseits aller Erdenschwere, die Hammer mit seiner Interpretation von Sonaten des Weimarer Kapellmeisters Johann Ernst Bach und von Muzio Clementi in Töne goss, das beste und vor allem das gesündeste Mittel gegen jede Art von Winterdepression. Verspielt, locker, fröhlich erklangen die Allegro-Sätze der Sonaten, zart und sensibel die Andante-Sätze oder auch der Menuet-Satz in Haydns F-Dur-Sonate: Eine stimmungsvolle und harmonische Facette im „Frühlingskonzert“, die im dritten Satz nach schwungvollen Tönen voller Unbekümmertheit in einen fast hingehauchten und sehr überraschenden Schluss mündete. Dass Hammer ein exzellenter Musiker mit großem Improvisationstalent ist, bewies er eindrucksvoll mit einer Improvisation, die Stimmungsbilder aus der Zeit der Empfindsamkeit vor Augen führte – mal nachdenklich, mal fast verstörend harmonisch, dann wieder dramatisch aufwallend mit Anklängen von leicht verstörenden Dissonanzen.
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So ganz nebenbei konnten die Besucher am Sonntag noch ganz kurzweilige und informative Instrumentenkunde genießen, konnten sehen und hören, wie der ganz besondere Klang des Tangentenflügels zwischen Cembalo- und Hammerklavier-„Sound“ entsteht, wie immer wieder mal auch ein Harfenklang dazwischentönt, wenn die Holzstäbe, die „Tangenten“, die Saiten von unten anschlagen und damit eine für uns Heutige ganz neue Klangwelt entfalten. Wer seit langem den perfekten, runden Klavierton unserer Tage im Ohr hat, kann ahnen, wie weit dieser Klang von den Kammerkonzerten des 18.Jahrhunderts entfernt ist, und bekommt eine leise Ahnung davon, wie Haydn oder Mozart damals tatsächlich geklungen haben mögen: Das ganz große Verdienst historischer Aufführungspraxis, zu der der Miltenberger „Claviersalon“ einen sehr wichtigen Beitrag leistet.

Dr. Heinz Linduschka für den Boten vom Untermain
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© georg ott für claviersammlung.de und tangentenfluegel.de 2012-2013